Autor Gide, André rororo #146
  Frankreich | Nobelpreis 1947
Titel Die Verliese des Vatikan
  Les caves du Vatican
Übersetzung Hardekopf, Ferdinand
Umschlaggestaltung Gröning, Karl jr.
Pferdmenges, Gisela
rororo Taschenbuch Ausgabe 146
  Bereits 07/1947 als RORORO im Zeitungsformat veröffentlicht
Auflage(n) 1.-50. Tsd. 05/1955
125. Tsd. 10/1961
 
191 Seiten
dt. Erstausgabe Stuttgart: DVA, 1922
|
Mit dem Tode Andre Gides am 19. Februar 1951 verlor die moderne französische Literatur eine widerspruchsvolle, aber überragende Persönlichkeit. Auf der Höhe seines Ruhmes hatte man Gide 1947 den Nobelpreis verliehen. Der «kühne Experimentator auf dem Gebiet des Romans, Bekenner und Moralist von Geblüt», als den ihn Thomas Mann in einem Nachruf ehrte, wurde am 22. November 1869 als Sohn eines Hochschulprofessors in Paris geboren, verlor mit elf Jahren den Vater und war von der Mutter strenggläubig erzogen worden. Sein 1891 auf eigene Kosten gedrucktes Jugendwerk « Les Cahiers d'Andre Walter» und ein 1892 erschienener Band Gedichte erschlossen ihm den Salon Mallarme's und damit die Kreise der Symbolisten. Auf einer zweijährigen Nordafrikareise machte er die für ihn schicksalhafte Bekanntschaft mit seinem späteren Freund Oscar Wilde. Der gläubige Protestant Gide wurde zum Anbeter sinnlicher Schönheit. In einem ironischen Epitaph, den 1895 erschienenen «Sümpfen» verwarf er die ihm anerzogenen Ansichten. Seinem neu erworbenen Lebensgefühl verlieh er sinnlich-hymnischen Ausdruck in dem Band «Uns nährt die Erde» (1897). Unterdessen hatte er seine Kusine Emanuele Rondeau geheiratet. Mit ihr durchstreifte er jahrelang Europa, Afrika und Asien. Von nun an stand das Freiheitsproblem und der Kampf gegen Ehe und Kirche im Mittelpunkt seiner Werke. Er wurde zum Vertreter eines leidenschaftlichen «ästhetischen Immoralismus»: «Der Immoralist» (1902). 1909 wurde er Mitbegründer der berühmten «Nouvelle Revue Francaise». Hier entdeckte er unter anderen Alain-Fournier, Coeteau, Roger Martin du Gard, Jules Romains, Jean Giraudoux. Im Jahre ihrer Gründung war Gide mit seiner «Engen Pforte» der erste große Bucherfolg beschieden. Nach Jahren des Reisens erschienen 1914 die hier wieder vorliegenden «Verliese des Vatikan», die ihn zum erklärten Propheten der Jugend machten, während er von seinen Gegnern zugleich damit als ihr Verführer gebrandmarkt wurde.
   INHALT: In diesem burlesken Roman, der sich oft zur unheimlichen Gesellschaftssatire steigert, erscheint der Mord, den der junge Held des Buches, Lafcadio, freien Willens begeht, um sich seine Freiheit zu beweisen, als der einzige moralische Akt. Das Haupt der christlichen Hierarchie, der Papst, wird, wie von abenteuerlichen Hochstaplern vorgegeben, gefangengehalten und sein hohes Amt zynisch mißbraucht. Ungefährdete Ehrenhaftigkeit verachtend, läßt Gide es im Schicksal Lafcadios offen, ob die Liebe den Mörder zum rechten Leben zurückführt. 1919 erschien seine später erfolgreich verfilmte «Pastoralsymphonie» und 1926 sein Meisterwerk "Die Falschmünzer", in dem er die Antinomie des Daseins, die Gegensätze von Fleisch und Geist, Person und Gesellschaft, Kunst und Wirklichkeit, iss unübertroffener, fast musikalischer Architektur gestaltete. Sein Leben, das sich uns in dem autobiographischen Werk «Stirb und Werde» und in den Tagebüchern und Briefwechseln, über die ein ganzer Kosmos literarischer Zeitgenossen wandelt, aufs intimste in allen Konflikten darstellt, steht schließlich, sechs Tage vor dem letzten Atemzug des Dichters, im Lichte goethescher Welterfahrung und Weltfrömmigkeit. Der ichbetonte große Verneiner der überkommenen Konventionen, dessen Moral es war, sich keiner Moral zu unterwerfen, schreibt: «Mein eigener Stand zur Sonne am Firmament soll mich nicht hindern, die Morgenröte so schön wie je zu finden».