Autor Wedekind, Frank rororo #169
  Deutschland
Titel Mine-Haha
und andere Erzählungen
   
   
Umschlaggestaltung Gröning, Karl jr.
Pferdmenges, Gisela
rororo Taschenbuch Ausgabe 169
   
Auflage(n) 1.-50. Tsd. 12/1955
 
164 Seiten
dt. Erstausgabe München: Langen-Müller, 1919
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Frank Wedekind, einer der wenigen ursprünglichen modernen deutschen Dramatiker, dessen von Büchner und Strindberg beeinflußte Gesellschaftsstücke das Bürgertum der Jahrhundertwende skandalierten und das expressionistische Theater vorbereiteten, wurde am 24. Juli 1864 als Sohn eines Arztes in Hannover geboren und starb am 9. März 1918 in München. Seine Jugend verbrachte er in der Schweiz, wo er auch kurze Zeit Jura studierte, danach Werbetexter für Maggi wurde. In München und Paris lebte er dann in den Kreisen der Boheme. Vorübergehend war er Sekretär eines Zirkus. 1891 debütierte er mit seiner berühmten aufklärerisch-pädagogischen Kindertragödie "Frühlings Erwachen", die die Öffentlichkeit zwar schockierte, von der Kritik aber als genialisch und neuartig anerkannt wurde. Schon dieses Stück zeigte, daß hier ein geborener Theaterdichter am Werk war. 1895 befestigte diesen Ruf sein dramatisches Meisterstück "Erdgeist", eine auf Desillusion abzielende Tragödie der Triebgebundenheit. Dieses Thema setzte seine weitere, 1904 erstmalig aufgeführte Tragödie "Die Büchse der Pandora" fort. Mit Lulu, der Hauptgestalt dieser Stücke, dem "wahren Tier, dem schönen wilden Tier", wollte Wedekind sich zum Anwalt der unterdrückten Triebwelt gegen die Geringschätzung und Entwürdigung des Fleisches machen. Diese Stücke, wie auch alle anderen, von denen zu besonderen Bühnenerfolgen "Der Liebestrank" (1899), "Der Marquis von Keith" (1901) und der auch heute wieder gespielte "König Nicolo oder So ist das Leben" [1912), "Hidalla" (1904), "Musik" (1908) und "Franziska" (1912) geworden sind, machen den Kampf wider bürgerliche Sitte und moralische Vorurteile zu ihrem Hauptanliegen, feiern den Genußmenschen und preisen das Sinnliche. Trotz ihrer oft kraß-geschlechtlichen Note sind sie eher unnaturalistisch, gefühlsgeladen, allegorisch-symbolisch, ja, im expressionistischen Sinne, grotesk. Die ihnen eigene Mischung von Romantik, Realismus, Paradoxie, Erotizismus und sozial- und moralkritischer Aggressivität ist dann auch für alle weiteren dramatischen Werke Wedekinds kennzeichnend und erklärt den wachsenden, aber lange umstrittenen und wiederholt vom Zensor behinderten Erfolg vor und nach der Zeit des ersten Weltkriegs. Wedekind hat nicht nur seine modernen Balladen und Moritaten öffentlich selbst vorgetragen, sondern stand auch als Regisseur und Schauspieler seiner eigenen Stücke auf der Bühne. Daneben war er Mitbegründer und Hauptakteur des berühmten Kabaretts "Simplizissimus" in München. In diesem Zusammenhang provozierte er verschiedene Anklagen wegen Majestätsbeleidigung. Auch als Erzähler bewahrt Wedekind die ihm eigene Note. Die hier vorliegende gesammelte Prosa zeigt ihn ebenfalls als Kämpfer für das Animalisch-Schöne, gegen Muckertum und Pseudomoral. Alle diese Erzählungen haben kleistische Knappheit des Sprachlichen und parabelhafte Zuspitzung im Thematischen. Wedekind ist in ihnen Vorläufer einer pädagogischen Prosa, wie sie später Brecht in seinen Kalendergeschichten geschrieben hat.

Literatur über Wedekind deutsch:

  • H. M. Elster: Wedekind und seine besten Bühnenwerke, 1922;
  • A. Kutscher: F. W., 3 Bände, 1922-1931;
  • M. Kessel: F. W., in "Aufbau" Berlin 3, 1948;
  • F. Gundolf: F. W., 1954.